Gemeinderat und Kreistag votieren für Absichtserklärung zur betrieblich-baulichen Entwicklungsplanung des Klinikums Sindelfingen-Böblingen

Mit großer Mehrheit haben Ende Dezember 2012 sowohl der Gemeinderat Sindelfingen, der Kreistag Böblingen als auch der Aufsichtsrat des Klinikverbundes Südwest eine Absichtserklärung zum möglichen Neubau auf dem Flugfeld verabschiedet.

Diese ermöglicht der Geschäftsführung offiziell mit dem Sozialministerium in das Verfahren zur Prüfung der Landesförderung eines Neubauvorhabens einzusteigen. Es ist damit zur rechnen, dass bis Ende 2013 der Förderumfang durch das Land verbindlich feststeht und damit die Gesamtfinanzierung des Neubauvorhabens in den politischen Gremien detailliert diskutiert und ausgearbeitet werden kann. Ein definitiver Baubeschluss über den Neubau könnte dann im Anschluss getroffen werden.

Ein Neubau ist somit sowohl für die Gutachter, die Geschäftsführung als auch die politischen Gremien die medizinisch und wirtschaftlich sinnvollste Alternative für die Zukunft des Klinikums Sindelfingen-Böblingen. Für ein solches richtungsweisendes, gemeinsames Zukunftsprojekt ist als eine Option hier schon seit längerem das Flugfeld Böblingen-Sindelfingen im Gespräch. Gemäß der Einschätzung der Gutachter würde sich der Standort u. a. aufgrund seiner zentralen Lage zwischen den beiden Städten sehr gut eignen. Bei einer Planungs- und Bauzeit von gerade einmal 7 Jahren belaufen sich die Investitionskosten in diesem Fall auf rund 334 Mio Euro. Die Gutachter beziffern den Bettenbedarf für das Klinikum unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung bis 2030 auf 734 Betten. Das Klinikum Sindelfingen-Böblingen verfügt derzeit über 710 Planbetten auf die beiden Standorte in Sindelfingen und Böblingen verteilt.

Das Gutachten bestätigt die Einschätzung der Gesellschafter, die eine räumliche Zusammenlegung des Klinikums Sindelfingen-Böblingen von Anfang an favorisierten. „Der Neubau ist unsere große Chance, die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf höchstem Niveau für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen“ resümiert Sindelfingens Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer. „Mit einem Neubau können wir bestehende Strukturnachteile überwinden und eine zukunftsorientierte, medizinische und wirtschaftliche Entwicklung für das Klinikum Sindelfingen-Böblingen sichern“ betont Landrat Roland Bernhard. Hinzu kommt, dass die Förderquote seitens des Landes im Fall eines modernen Neubaus höher wäre als bei der Sanierung der bestehenden Gebäude. Hier befinden sich die Gesellschafter bereits in engem Austausch mit dem Sozialministerium.

Ein Weiterbetrieb der beiden bestehenden Standorte in der jetzigen Form würde gemäß Gutachten in den kommenden fünfzig Jahren aufgerechnet mit einem Defizit von knapp einer halben Milliarde Euro zu Buche schlagen und stellt somit die wirtschaftlich denkbar schlechteste Handlungsalternative dar. Hier spielen sowohl der hohe Investitionsbedarf und der lange Zeitraum für eine Sanierung bei laufendem Betrieb als auch die andauernde Vorhaltung von Doppelstrukturen eine wesentliche Rolle. Bei einer Zusammenlegung am Standort Sindelfingen wären laut Gutachter Kosten in Höhe von voraussichtlich 356 Mio Euro für die Baumaßnahmen notwendig. Da im laufenden Klinikbetrieb gearbeitet werden müsste, würde sich die Bauzeit über 19 Jahre erstrecken. Bei einer Zusammenlegung am Standort Böblingen beliefen sich die Baukosten bei einer Bauzeit von 17 Jahren auf rund 294 Mio Euro. Eine Konzentration des medizinischen Leistungsangebots an einem der beiden bestehenden Standorte schafft damit aufgerechnet nicht den Sprung in die schwarzen Zahlen. Beide Szenarien würden zudem eine erhebliche Beeinträchtigung für die Mitarbeiter und Patienten mit sich bringen, denen über einen Zeitraum von 17 bzw. 19 Jahren bauliche Belastungen und Einschränkungen zugemutet würden.

Ein weiterer Bestandteil des Gutachtens ist zudem die Einschätzung möglicher Auswirkungen eines zusammengeführten Klinikums auf die Krankenhausstandorte Herrenberg, Leonberg, Calw und Nagold. Hier kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass ein Klinikneubau auf dem Flugfeld aufgrund der Zunahme der Gesamtzahl der Patienten insgesamt wirtschaftliche Vorteile auch für die anderen Krankenhausstandorte bringt. Zwar werden laut Gutachter voraussichtlich Patienten und damit Erlöse der kleineren Krankenhäuser an das neue Klinikum Sindelfingen-Böblingen abwandern; durch die Erhöhung des Marktanteils um 10 Prozent, also die Gewinnung von rund 7900 Patienten durch das neue Klinikum ergeben sich jedoch Erlös- und Kostenvorteile, die diesen Effekt mehr als ausgleichen. Unterm Strich ergibt sich hier ein Vorteil für die anderen Klinikstandorte des Klinikverbundes von jährlich rund einer halben Million Euro. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung würde sich laut Gutachten die Gesamtbettenzahl im Verbund von momentan 1.525 bis ins Jahr 2030 zudem auf 1.590 erhöhen. An den Standorten Calw, Nagold, Leonberg und Herrenberg müssen allerdings bis 2020 Investitionen in Höhe von insgesamt 120 Mio. Euro durchgeführt werden, um zumindest bis zum Jahre 2045 die Zukunft der Kliniken zu sichern. „Im Hinblick auf die Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen Medizinkonzeption innerhalb des Klinikverbundes ist es daher notwendig, auch Lösungen für alle anderen Standorte im Verbund zu suchen“, unterstrich Landrat Helmut Riegger bei der Vorstellung des Gutachtens. „Vor dem Hintergrund des Gutachterergebnisses für das Klinikum Sindelfingen-Böblingen, werden auch für das Klinikum Calw-Nagold 2013 sämtlichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Optionen geprüft.“

Vor dem Hintergrund eines bei einer internen Prüfung festgestellten hohen mittel- und langfristigen Sanierungsbedarfes für das Klinikum Sindelfingen-Böblingen waren sich die beiden Gesellschafter der Klinikum Sindelfingen-Böblingen gGmbH, der Landkreis Böblingen und die Stadt Sindelfingen Mitte 2011 einig geworden, das Land Baden-Württemberg um seine Unterstützung für einen Klinikneubau bitten zu wollen. Vertreter des Sozialministeriums zeigten sich damals in einem ersten Abstimmungsgespräch für den Fall, dass die Einschätzung der beiden Gesellschafter durch einen unabhängigen Gutachter bestätigt würde, ergebnisoffen. Um alle grundsätzlichen Handlungsalternativen zu überprüfen und eine Datengrundlage für mögliche Förderungen seitens des Landes zu erhalten, wurde daher im Herbst 2011 ein solches Gutachten in Auftrag gegeben, dessen abschließende Ergebnisse jetzt vorliegen. In dem Gutachten der Firma Teamplan mit Sitz in Tübingen, einem renommierten Unternehmen für Klinikplanung, wurden vier Handlungsalternativen untersucht: neben dem Weiterbetrieb der beiden Standorte die Zusammenlegung an einem der beiden bestehenden Standorte sowie ein kompletter Neubau.