Im Neubau sollen sich Patienten wohlfühlen

Im Interview spricht Ralf Landsberg (HDR GmbH), Architekt für den Neubau Flugfeldklinikum, über die komplexen Anforderungen an ein modernes, patientenorientiertes Krankenhaus.

Ralf Landsberg (li.), HDR GmbH, im Gespräch mit Albrecht Randecker, h4a Gessert + Randecker Generalplaner GmbH

Einfache Orientierung für die Patienten, kurze Wege für die Mitarbeiter, einladende und helle Räume für Besucher - die Liste der Anforderungen an ein modernes Klinikum ist lang. Nicht nur funktionale, auch technische und ästhetische Aspekte spielen bei der Krankenhausplanung eine wichtige Rolle. Im Neubauprojekt Flugfeldklinikum sind der Architekt Ralf Landsberg (HDR GmbH) und das Team von HDR und h4A dafür zuständig, diese komplexen Anforderungen unter einen Hut zu bringen.

 

Herr Landsberg, Ihr Team und Sie haben schon einige Kliniken geplant. Welche Herausforderungen gilt es heute beim Neubau von Kliniken zu meistern?

Landsberg (HDR GmbH): Aus meiner Sicht ist eine der wichtigsten Herausforderungen, ein Krankenhaus ausreichend flexibel für die Zukunft zu planen. Dazu muss man Trends frühzeitig erkennen, nicht nur in Hinblick auf medizintechnische Neuerungen, sondern und vor allem hinsichtlich politischer Einflüsse auf das Gesundheitswesen. So ist beispielsweise die sinkende Verweildauer, die in der Vergangenheit zum massiven Abbau von Betten geführt hat, heute kein zentrales Thema mehr. Im Gegenteil, die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass Patienten wieder länger im Krankenhaus bleiben werden. Wir werden heute und in naher Zukunft daher keine Betten reduzieren, sondern mehr Betten benötigen. Solche Entwicklungen gilt es schon heute zu beachten. Beim Flugfeldklinikum sind deswegen beispielsweise sowohl Mikro- als auch Makroerweiterungsmöglichkeiten eingeplant.

 

Die Verbesserung der Versorgung der Patienten ist das vorrangige Ziel des Neubaus auf dem Flugfeld. Was bedeutet es für Sie ein „patientenorientiertes“ Krankenhaus zu bauen?

Landsberg: Patientenorientierung heißt für mich die Bedürfnisse der Patienten genau zu kennen und entsprechend darauf einzugehen. Umfragen haben gezeigt, dass hier das Thema Hygiene an erster Stelle steht. Architektonisch können wir beispielsweise durch kluge räumliche Ablaufplanungen Maßstäbe setzen und den Patienten so ihre Sorgen nehmen. Patientenorientierung heißt aber auch Abläufe kurz und verständlich zu organisieren, egal ob medizinisch oder räumlich. Neben der erstklassigen gesundheitlichen Behandlung muss auch der Weg dahin für jeden transparent und nachvollziehbar sein. Auch das versuchen wir beim Flugfeldklinikum konsequent umzusetzen.

 

Im neuen Flugfeldklinikum wird es die verschiedensten Fachbereiche geben – von der Kinderklinik, über die Orthopädie bis hin zu geriatrischen Stationen. Wie geht man beim Neubau Flugfeldklinikum auf die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse dieser Patienten ein?

Landsberg: Es ist richtig, dass es unterschiedliche Anforderungen gibt, was die individuelle medizinische Versorgung angeht. Ein Thema, das aber alle Patienten betrifft, ist Unsicherheit und Angst – vor der Behandlung, vor der neuen Umgebung, und so weiter. Das Credo an dieser Stelle lautet daher „Ängste nehmen“ – und das ist für alle Patientengruppen gleich. Unsere Architektur setzt sich mit diesem Thema auseinander und wir versuchen entsprechende altersgerechte Lösungen zu entwickeln. Dabei steht Licht bzw. Tageslicht im Fokus: In erster Linie ist es der freie Blick nach außen und ins Grüne, was Flure und Innenräume rhythmisiert und Ängste nehmen soll. Wohl proportionierte Räume und kleine Innenhöfe werden zum Verweilen im Inneren einladen bzw. für die Kinder als Spielbereiche dienen. Sich verengende und aufweitende Bereiche gliedern lange Flure, zonieren Arbeitsabläufe und unterstützen die Orientierung. Wenn wir es schaffen, dass diese Zonen angenommen und belebt werden, haben wir schon viel erreicht.

 

Im Neubau werden die Kliniken in Sindelfingen und Böblingen zusammengelegt. Das neue Krankenhaus wird damit zwangsläufig größer als die bisherigen Häuser. Wie kann es gelingen, dass sich alle möglichst gut in dem Gebäude zurechtfinden und die Wege nicht zu lang werden?

Landsberg: Ein Gebäude mit den hier vorliegenden Abmessungen ist eine Herausforderung an die Erschließung. Deshalb vertreten wir das Motto: „Mach es einfach. Mehr als zweimal abbiegen, um zum Ziel zu kommen, ist einmal zu viel.“ Über die Eingangshalle und die Magistrale des Flugfeldklinikums werden daher klare Wegebeziehungen geschaffen, über die Patienten direkt in die Behandlungszonen gelangen. Klar sichtbare Leistellen vor den Fachambulanzen sollen für Ruhe sorgen und die Orientierung erleichtern. Deshalb wird auch jede Pflegestation im Flugfeldklinikum ihre Adresse am Hauptflur haben, es wir keine Durchgangsstationen geben.

 

2024 soll das Flugfeldklinikum eingeweiht werden. Wann war für Sie als Architekt das Neubauprojekt erfolgreich?

Landsberg: An erster Stelle steht für uns die Zufriedenheit der Kunden. Das sind einerseits die Mitarbeiter und das Klinikum als Auftraggeber, auf der anderen Seite aber natürlich auch die Patienten und die Bürger Böblingens und Sindelfingens. Für den Auftraggeber wollen wir ein zukunftsweisendes Gebäude im Kosten- und Terminrahmen errichten, das ist der erste Aspekt des Erfolgs. Für die Patienten und Bürger wollen wir ein Gebäude schaffen, das man nicht in erster Linie mit Krankenhaus im traditionellen Sinne in Verbindung bringt. Es soll ein Ort sein, der – nicht nur architektonisch - als eine Bereicherung des Flugfeldes verstanden und mit seinen inneren Werten als ein Wohlfühlort akzeptiert wird. Wenn das eintritt, wäre der zweite Aspekt des Erfolgs für uns erreicht.